Der Bundesverband Musiktechnologie e.V. (MusicTech Germany) verurteilt den gestern vorgelegten Entschluss zur neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie auf das Schärfste. Dieser Gesetzesvorschlag beschneidet die Innovationskraft europäischer Unternehmen in nicht vorstellbarem Ausmaß und isoliert die Kultur- und Kreativwirtschaft Europas vom Rest der Welt.
Berlin, 14. Februar 2019. Zwei Jahre lang wurden verschiedene Versionen der Urheberrechtsreform debattiert und redigiert. Der nun verabschiedete Gesetzesentwurf ist die denkbar schlechteste Lösung von allen vorgelegten Entwürfen. Besonders die in Artikel 13 beschlossene Pflicht zur Implementierung von Upload-Filtern für alle Unternehmen, die älter als drei Jahre sind, bedeutet faktisch das Aus für innovative Startups, die mit frischen Ideen neue Möglichkeiten für Kreative im weltweiten Kampf um Aufmerksamkeit und um neue, zusätzliche, transparentere Verwertungs- und Monetarisierungsmöglichkeiten im Netz realisieren wollen.
Bundesregierung bricht Koalitionsversprechen
Mit ihrer Zustimmung zu dieser EU-Richtlinie bricht die Bundesregierung eines ihrer bereits im Koalitionsvertrag festgehaltenen Versprechen. Dort hatten CDU und SPD festgehalten, dass sie „eine Verpflichtung von Plattformen zu Upload-Filtern als unverhältnismäßig ablehnen.“ Dieser Standpunkt wurde beim Musikwirtschaftsgipfel 2018 von Christiane Wirtz, der Staatssekretärin des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, nochmals unterstrichen, als sie in ihrer Rede deutlich machte, dass die Bundesregierung einer Urheberrechtsrichtlinie durch die unter anderem auch kleine und mittlere Unternehmen dem urheberrechtlichen Haftungsrisiko ausgesetzt sind, nicht unterschreiben wird.
Gerade für kleine, innovative Unternehmen bedeutet diese Verordnung, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Dienste einstellen müssen, da sie selbst nicht in der Lage sein werden, eine eigene Upload-Filter-Technologie zu entwickeln, sondern diese bei Unternehmen, die im übrigen fast ausschließlich in den USA sitzen, für viel Geld einkaufen müssten.
Technischer Irrsinn
Abgesehen davon ist es bisher technisch überhaupt nicht möglich, einen Universal-Upload-Filter zu entwickeln, der zwischen Memes, Satire, Mash-ups, Remixen, Parodien und Original-Inhalten unterscheiden kann.
Zudem ist es absurd, von Plattformbetreibern zu verlangen, weltweite Lizenzen für urheberrechtlich geschützte Werke vorzuhalten.
Dazu Matthias Strobel, Präsident von MusicTech Germany:
„Ein solches System würde voraussetzen, dass im Fall der Musikindustrie, die Verwertungsgesellschaften und Labels den Plattformen die Metadaten ihres Repertoires zur Verfügung stellen, damit diese beim Plattformbetreiber hinterlegt werden können und so überhaupt erst geprüft werden kann, ob ein Upload lizenziert ist oder nicht. Dazu war bisher wenig bis keine Bereitschaft vorhanden.“
Urheberrechtsrichtlinie wiederspricht europäischem Recht
Mit der Haftungsverpflichtung von Plattformen, die den Upload von user-generated content ermöglichen, wird zudem ein Gesetz auf den Weg gebracht, dass nicht nur die Innovationskraft Europas enorm gefährdet, sondern außerdem rechtswidrig ist. Bereits 2012 entschied der EuGH, dass Anbieter von solchen Plattformen nicht gezwungen werden können, jegliche Inhalte vorab zu kontrollieren, da dies zum einen gegen das Verbot der allgemeinen Überwachungspflicht verstößt, und zum anderen die unternehmerische Freiheit einschränkt, und die Meinungsfreiheit europäischer Bürger beschneidet.
Die Verlierer sind die Künstler*innen und Kreativen
Diese Urheberrechtsrichtlinie zensiert die Vielfalt im Netz und stärkt die Macht großer Technologiekonzerne während Künstlerinnen und Künstler in Europa es zukünftig nicht mehr möglich sein wird im Kampf um Aufmerksamkeit im Netz gegenüber nicht-europäischen Konkurrenten zu bestehen.
MusicTech Germany befürwortet die Entwicklung eines ordnungsgemäßen Rechtsrahmens für faire und ausgewogene Entschädigungen von Schöpfern und Rechteinhabern für die Verwertung ihrer Werke. Die vorgeschlagene Urheberrechtslinie jedoch bedeutet eine Zensur der kulturellen und kreativen Schaffenskraft Europas.
Wir fordern daher die Bundesregierung auf, sich auf den gemeinsamen europäischen Gedanken zurückzubesinnen und bei der Abstimmung im Europarat gegen die Verabschiedung dieser Urheberrechtsrichtlinie zu stimmen.